Wer eine Ferienwohnung mietet, muss nicht akzeptieren, dass in dem Gebäude noch gearbeitet wird. Das hat das Amtsgericht Düren entschieden. Hier das Urteil:
Amtsgericht Düren, 46 C 619/05
Datum: 21.02.2006
Gericht: Amtsgericht Düren
Spruchkörper: Abteilung 46 C
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 46 C 619/05
Tenor:
Die Beklagte wird v e r u r t e i l t ,
an den Kläger 768,00 EURO zuzüglich Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 06.06.2005 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Zahlung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T A T B E S T A N D :
Über das Internetangebot der Beklagten (www.C) hat der Kläger bei der Beklagten für sich und seine insgesamt siebenköpfige Familie die Belegung einer Ferienwohnung in D im Zeitraum vom 14.05. bis zum 28.05.2005 zum Preis von 768,00 EURO gebucht. In der Bewerbung war angegeben worden, dass es sich unter anderem um eine Vierzimmerwohnung mit 150 Quadratmetern im ersten Stock eines neuen Dreifamilienhauses handeln würde, welches im Jahre 2004 vollständig renoviert worden war. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschreibung wird Bezug genommen auf Blatt 25.
Der Kläger reiste am 14.05.2005 an. Er stellte fest, dass überall im frei zugänglichen Erdgeschoss des Gebäudes, auf der Terrasse sowie im "Garten" Baugeräte,Baumaterialien und Schutt beziehungsweise Abfall herumlag. Weiterhin waren an mehreren Stellen des Gebäudes noch spitze Metallstäbe (wohl Armierungseisen der Schalung für den Betonguß von Treppen und Wänden) vorhanden, die in allen Richtungen aus dem Beton ragten. Plattformen und Treppen im Außenbereich waren nicht mit Geländern gegen Absturz gesichert. Im Boden befanden sich teilweise verdeckt durch die Vegetation Löcher, in die man mit den Füßen geraten beziehungsweise über die man stolpern konnte.
Der Kläger, der mit insgesamt fünf Kindern angereist war, bemängelte bei der Schlüsselhalterin vor Ort den Zustand. Es konnte jedoch keine Abhilfe geschaffen werden. Auch nachdem die Beklagte eingeschaltet worden war, war es nicht möglich, ein Ersatzobjekt zu finden wegen der deutschen Pfingstferien.
Der Kläger hat sich dann anderweitig eine Ferienwohnung besorgt.
Er vertritt die Auffassung, dass die Grenze der erheblichen Beeinträchtigungen einer Reise erreicht seien. Denn ihm und seiner Ehefrau habe es nicht zugemutet werden können, die Ferienwohnung gleichwohl zu beziehen und dann durch eine Aufsichts-führung quasi auf Schritt und Tritt sicherzustellen, dass keines der fünf Kinder an den Gefahrenstellen zu Schaden kommen würde.
Somit sei für alle Beteiligte der Urlaub von Anfang an vereitelt gewesen.
Der Kläger beantragt, ...
wie e r k a n n t .
Die Beklagte beantragt,
die Klage a b z u w e i s e n .
Sie vertritt die Auffassung, dass die Kündigung des Reisevertrags unrechtmäßig erfolgt sei. Denn es sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger eine Vierzimmerwohnung im ersten Stock und nicht ein Anwesen mit Garten gebucht habe. Die gebuchte Ferienwohnung sei in einem ordnungsgemäßen Zustand gewesen. Soweit seitens des Klägers vorgetragen worden sei, dass Bauschutt noch vorhanden gewesen sei, handele es sich hierbei um die rückwärtige Seite des Hausanwesens, die für Gäste nicht vorgesehen gewesen sei und darüber auch nicht vertraglich zugesagt worden sei.
Es sei weiterhin auch keine vertragliche Zusicherung erfolgt, dass der Außenbereich zur Mitbenutzung oder ähnliches ausgeschrieben worden sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und Photos (Blatt fünf ff.) verwiesen.
E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
Die Klage ist begründet.
Der Kläger hat noch einen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung von 768,00 EURO aufgrund einer wirksamen Kündigung des Reisevertrags gemäß §§ 651 a, 651 e BGB analog. Voraussetzung eines Kündigungsrechts ist, dass die Reise infolge eines Mangels
erheblich beeinträchtigt ist.
Hierbei berechtigt nicht jeder Mangel zur Kündigung, sondern nur solche von einigem Gewicht. Diese Beeinträchtigung der Gesamtreise muß eine Erheblichkeitsgrenze überschritten haben. Unterhalb dieser Erheblichkeitsgrenze ist der Reisende auf die übrigen Rechte der Abhilfe, Selbstabhilfe, Reisepreisminderung und Schadenersatz beschränkt. Ob die Reise insgesamt als verdorben angesehen werden muß, kommt auf den Einzelfall an, wobei als Kriterien der Reisezweck, der Reisecharakter sowie Umfang und Dauer der Mängel zu berücksichtigen sind. Die Rechtsprechung quantifiziert hierbei mit Prozentsätzen der Reisepreisminderung die Erheblichkeit. Nach Auffassung der herrschenden Meinung und auch des Amtsgerichts E ist eine Kündigung erst bei Erreichen eines Mindestsatzes von fünfzig Prozent zuzulassen, wegen des übereinstimmenden Wortlauts zum Anspruch auf Schaden-ersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit gemäß § 651 f Absatz 2 BGB.
Dieser Prozentsatz ist vorliegend nach Auffassung des Gerichts erreicht.
Unstreitig hat der Kläger entsprechend der Buchung eine Wohnung im erstenObergeschoss eines neuen Dreifamilienhauses gebucht. Der Kläger konnte deshalb davon ausgehen, dass das komplette Objekt, d.h. alle drei Wohnungen nebst Außenanlagen fertiggestellt sind und er mußte nicht davon ausgehen, dass er eine Wohnung gebucht hat in einem Objekt, was noch nicht vollständig fertiggestellt ist.
Ausweislich der vorgelegten Photos (Blatt fünf ff.) steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass zumindest im Außenbereich und auch im Erdgeschoss des Objekts noch Arbeiten ausgeführt werden mußten. Die seitens der Beklagten erstellte Beschreibung entspricht deshalb nicht dem Zustand vor Ort. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um ein "neues Dreifamilienhaus" handelt. Vielmehr hätte die Beklagte in ihrer Beschreibung darauf hinweisen müssen, dass das Objekt noch nicht vollständig fertiggestellt ist. Denn in diesem Fall muß davon ausgegangen werden, dass der Kläger, der gemeinsam mit seiner Ehefrau und fünf minderjährigen Kindern angereist war, das Objekt nicht gebucht hätte.
Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung kann diese auch nicht damit durchdringen, dass lediglich durch den Kläger eine Wohnung im ersten Obergeschoss gebucht worden ist. Denn auch wenn lediglich eine Wohnung im ersten Obergeschoss gebucht worden ist, so muß es dem Mieter oder Reisenden möglich sein, gefahrlos diese Wohnung zu erreichen und sich auch gefahrlos auf dem Gelände, in dem die Wohnung sich befindet, aufzuhalten. Es lag somit ein Reisemangel vor, der weiterhin eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise nach sich gezogen hat. Die Beklagte ist unstreitig aufgefordert worden, erfolglos ein Ersatzobjekt zur Verfügung zu stellen.
Da die Kündigungserklärung auch formlos gegenüber dem Veranstalter erfolgen kann, ist bereits in der Nichtbeziehung des Objekts die Kündigungserklärung zu sehen.
Der Kläger hat deshalb einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung des Reisepreises. Da unstreitig seitens des Klägers 768,00 EURO gezahlt worden sind, hat der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 768,00 EURO.
Die Zinsentscheidung folgt aus den §§ 247, 286 BGB.
Die prozessualen Nebenentscheidungen haben ihre Rechtsgrundlage in den §§ 91, 708 Nummer 11, 711 ZPO.
S t r e i t w e r t : 768,00 EURO.