Finanzgericht Münster, 1 K 4464/99 F
Datum: 11.06.2003
Gericht: Finanzgericht Münster
Spruchkörper: 1. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 1 K 4464/99 F
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e:
1
Streitig ist, ob die Verluste aus der Vermietung einer Ferienwohnung steuerlich zu berücksichtigen sind.
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Mit notariellem Vertrag vom 15.06.1992 erwarb die Klägerin (Klin.) zusammen mit ihrem Ehemann, dem Kläger (Kl.), als Miteigentümer zu je 1/2 eine 48,83 qm große, noch zu errichtende Ferienwohnung im Ferienpark G im ... zu einem Kaufpreis von 179.900 DM. Zeitgleich schlossen die Kläger (Kl.) mit der Firma I &Q einen Verwaltervertrag und einen Mietvermittlungsvertrag. Wegen des Inhalts dieser Verträge wird auf die bei den Steuerakten befindlichen Vertragskopien Bezug genommen. Die Wohnung wurde nach Fertigstellung ab 1993 so gut wie ausschließlich fremdvermietet. Lediglich im Kalenderjahr 1995 erfolgte ein Eigennutzung an 5 Tagen. Die Kl. erklärten in den eingereichten Feststellungserklärungen folgende Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus Gewerbebetrieb:
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BE BA Verlust
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1. 0,-- DM 40.750,-- DM - 40.750,-- DM
2. 6.685,-- DM 84.961,-- DM - 78.337,-- DM
3. 5.759,-- DM 57.284,-- DM - 51.525,-- DM
4. 3.917,-- DM 28.964,-- DM - 23.291,-- DM
5. 4.923,-- DM 29.470,-- DM - 24.547,-- DM
6. 4.259,-- DM 27.088,-- DM - 22.804,-- DM
7. 4.835,80 DM 23.703,95 DM - 18.868,15 DM
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Die BA 1992 bis 1994 enthalten folgende Abschreibungen nach § 3 Zonenrandförderungsgesetz ( ZrFG ):
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1. 21.523,-- DM
2. 50.000,-- DM
3. 20.248,-- DM
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Die laufenden Bewirtschaftungskosten ( Betriebsausgaben ./. Zinsen, ./. Absetzungen für Abnutzung - AfA-, ./. Absetzungen nach § 3 ZrFG ) für die Wohnung betragen:
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1. 5.298,15 DM
2. 8.702,86 DM
3. 6.686,83 DM
4. 7.365,34 DM
5. 7.765,25 DM
6. 6.781,98 DM.
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Das beklagte Finanzamt erkannte die geltend gemachten Verluste aus Gewerbebetrieb mit Feststellungsbescheiden für 1992 bis 1996 als abziehbar an.
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Für das Streitjahr 1997 erließ der Beklagte (Bekl.) am 09.03.1999 einen negativen Feststellungsbescheid, in dem es Verluste aus der Vermietung der Ferienwohnung steuerlich nicht mehr berücksichtigte. Den gegen diesen Feststellungsbescheid eingelegten Einspruch wies der Bekl. mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 23.06.1999 als unbegründet zurück. Auf die EE wird Bezug genommen.
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Mit den am 15.07.1999 erhobenen Klagen verfolgen die Kl. ihr Begehren weiter. Unter Hinweis auf die neueste Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) zur Vermietung von Ferienwohnungen vertreten sie die Auffassung, vorliegend sei eine Vermietung mit Einnahmeüberschusserzielungsabsicht erfolgt, da die streitbefangene Ferienwohnung ausschließlich zur Fremdvermietung bereitgehalten worden sei.
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Die Kl. beantragen,
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für das Streitjahr 1997 einen Verlust in Höhe von 22.804 DM einheitlich und gesondert festzustellen und den Kl. zu je 1/2 zuzurechnen,
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im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
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Der Bekl. beantragt,
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die Klage abzuweisen,
18
im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
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Der Senat hat die Klageverfahren 1 K 4464/99 F und 1 K 4465/99 F zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Es hat durch Vernehmung der Zeugin Weinzierl über eine mögliche Selbstnutzung der Ferienwohnung Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
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Die Klage ist nicht begründet.
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Die streitigen Verluste sind wegen fehlender Einkunftserzielungsabsicht (Überschusserzielungs- oder Gewinnerzielungsabsicht) weder im Rahmen gewerblicher Einkünfte (§ 15 Abs. 2 Satz 1 EStG) noch bei den Vermietungseinkünften ( § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG) steuerlich zu berücksichtigen.
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Der Senat geht bei seiner Entscheidung zunächst davon aus, dass die Kl. mit der Vermietung einer einzelnen Ferienwohnung im ... Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt haben.
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Nach den Ausführungen der Klin. im Erörterungstermin sowie ausweislich der eingereichten Gewinnermittlungsunterlagen werden im Streitjahr 1997 keine weiteren Sonderleistungen von den Kl. erbracht, die ihrer Tätigkeit einen gewerblichen Charakter geben könnten. Insbesondere werden in der Ferienanlage keine hoteltypischen Dienstleistungen angeboten und erbracht.
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Dieser Frage kommt vorliegend überdies keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu, da die Frage der Überschusserzielungs- oder Gewinnerzielungsabsicht unabhängig von der Einordnung in eine Einkunftsart im Ergebnis nur einheitlich beantwortet werden kann. Bei der Ermittlung des Einkommens für die Einkommensteuer sind nur solche positiven oder negativen Einkünfte anzusetzen, die unter die Einkünfte des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) fallen. Kennzeichnend für alle Einkunftsarten ist, wie der Große Senat des Bundesfinanzhofes (BFH) im Beschluss vom 25.06.1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, 435, BStBl. II 1984, 751, 766 f., unter C. IV.3.ca (1)) ausgeführt hat, dass die ihnen zugrunde liegenden Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen letztlich der Erzielung positiver Einkünfte dienen.
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Bezogen auf die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung, folgt hieraus, dass eine Vermietungstätigkeit nur dann dieser Einkunftsart zuzurechnen ist, wenn der Vermieter die Absicht hat, auf die Dauer der Vermögensnutzung einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erwirtschaften (z. B. BFH-Urteil vom 05.09.2000 IX R 33/97, BFHE 192, 559, BStBl. II 2000, 676). Nicht steuerbare Veräußerungsgewinne bleiben dabei unberücksichtigt (Beschluss des BFH, BFHE 141, 405, 435, BStBl. II 1984, 751, 766 f.).
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Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass die Steuerpflichtigen beabsichtigen, letztlich ein Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, selbst wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (BFH-Urteil vom 30.09.1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl. II 1998, 771). Die Grundsätze des vorgenannten Urteils sind auch beim Vermieten von Ferienwohnungen anzuwenden, wenn diese von den Steuerpflichtigen ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten werden (BFH-Urteil vom 21.11.2000 IX R 37/98, BFHE 193, 479, BStBl. II 2001, 705 m. w. N.). Dies gilt - wie der Senat in seinem Urteil vom 06.11.2001 IX R 97/100 (BFHE 197, 151, BStBl. II 2002, 726) unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden hat - unabhängig davon, ob die Steuerpflichtigen die Ferienwohnung in Eigenregie oder durch Einschaltung eines Dritten vermieten. Nicht zur Selbstnutzung zählen dabei kurzfristige Aufenthalte in der Ferienwohnung, die durch die Vermietung oder die Beseitigung von Schäden veranlasst sind.
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Der Senat stimmt dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung dem Grunde nach zu. Auch er geht deshalb für Ferienwohnungen, die ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet bzw. hierfür bereitgehalten werden, im Regelfall ohne weitere Prüfung von einer Überschusserzielungsabsicht des Steuerpflichtigen aus. In besonders gelagerten Ausnahmefällen kann indes eine Überprüfung der Einkunftserzielungsabsicht anhand einer Prognoseentwicklung geboten sein. Aus der im Randbereich offenen und demnach Ausnahmen zulassenden Formulierung des BFH entnimmt der erkennende Senat genau wie der 10. Senat des Finanzgerichts Köln (vgl. Urteil vom 19.09.2002, Az.: 10 K 6870/97, EFG 2003, 91 f, a.A. Schmidt/Drenseck EStG § 21 Rz. 10), dass eine Überprüfung der Überschusserzielungsabsicht zumindest in extremen Fällen zulässig und auch geboten ist. Ein solcher Ausnahmefall liegt nach Ansicht des Senates bei der Vermietung einer Ferienwohnung dann vor, wenn über einen längeren Zeitraum die vereinnahmten Mieten nicht einmal ausreichen, die laufenden Bewirtschaftungskosten der Ferienwohnung zu decken, d. h. selbst bei Außerachtlassung von Zinsaufwendungen und AfA jährlich erhebliche Werbungskostenüberschüsse entstehen. Die Nichtdeckung der laufenden Bewirtschaftungskosten durch die Mieteinnahmen über einen Zeitraum von mehr als 5 Jahren ist - anders als grundsätzlich nicht schädlichen, jahrelangen Werbungskostenüberschüsse - ein selbständiger weiterer Umstand, der es als ernsthaft möglich erscheinen lässt, dass der Steuerpflichtige, die verlustbringende Vermietungstätigkeit aus im Bereich der persönlichen Lebensführung liegenden Gründen ausübt (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 21.01.1993 XI R 18/92, BFH/NV 1993, 475). Nicht nur bei einer teilweise selbstgenutzten und teilweise vermieteten Ferienwohnung können neben der Absicht der Einkünfteerzielung auch private Gründe des Steuerpflichtigen im Sinne des § 12 EStG und der neueren BFH - Rechtsprechung für die Hinnahme jahrelanger Werbungskostenüberschüsse ausschlaggebend sein. Nach Auffassung des Gerichts ist auch das Erlangen von Steuervorteilen durch die Verrechnung von Verlusten mit anderen positiven Einkünften ein möglicher privater Grund des Steuerpflichtigen i. S. des § 12 EStG (vgl. Kirchhoff/Mellinghoff, § 21 Rz. 17 m. w. N.), der gerade in Fällen, in denen die vereinnahmten Mieten über Jahre die laufenden Bewirtschaftungskosten nicht abdecken offenkundig und entscheidungserheblich in den Vordergrund tritt. Bei verlustgezeichneten Immobilienobjekten wie im Streitfall, bei denen ein Totalüberschuss von vornherein als ausgeschlossen erscheint, ist neben einem möglichen privaten Veräußerungsgewinn der Steuerersparniseffekt als privates Veranlassungsmoment für die Verlusthinnahme nach Auffassung des Senats maßgebend.
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Nach diesen Grundsätzen ist das Vorliegen einer Einkunftserzielungsabsicht der Kl. hinsichtlich der im bayerischen Wald vermieteten Ferienwohnung nicht feststellbar.
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Trotz bestehender Restzweifel aufgrund der im Kalenderjahr 1995 erfolgten Selbstnutzung der Ferienwohnung von 5 Tagen unterstellt das Gericht zunächst im Anschluss an die durchgeführte Beweisaufnahme in Übereinstimmung mit der Einschätzung durch die Verfahrensbeteiligten das die Kl. die Ferienwohnung im Streitjahr ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten haben. Gleichwohl ist wegen der fehlenden Deckung der laufenden Verwaltungskosten durch die vereinnahmten Mieten eine Überprüfung der Einkunftserzielungsabsicht der Kl. gerechtfertigt. Hierzu bedarf es einer überschlägigen Betrachtung der bisherigen Verlustsituation und des auf 30 Jahre anzunehmenden Prognosezeitraums (vgl. insoweit BFH-Urteil vom 06.11.2001 IX R 97/00, BFH/NV 2002, 413).
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Diese Überprüfung im Einzelnen ergibt, dass im vorliegenden Fall eine Überschusserzielungsabsicht der Kl. nicht festgestellt werden kann. Die Höhe der erzielten Verluste von 1993 bis 1997 ohne Berücksichtigung der Abschreibungen nach § 3 Zonenrandförderungsgesetz steht mit 138.180 DM fest. Bei der Prognose im Weiteren berücksichtigt der erkennende Senat zu Gunsten des Steuerpflichtigen die von ihm selbst geschätzten Zahlen für die Jahre bis 2022. Hierbei sind die Kl. von einer vollständigen Rückführung der Finanzierungsdarlehen beginnend ab 2002 sowie von einer erzielbaren Miete in 2 1/2-facher Höhe der bis dahin tatsächlich vereinnahmten Mieteinnahmen ausgegangen. Selbst bei Berücksichtigung dieser sie begünstigenden, fiktiven Zahlen entstehen für den Prognosezeitraum 1998 bis 2002 weitere Verluste in Höhe von 61.283 DM die durch die errechneten Gewinne für den Zeitraum von 2003 bis 2022 in Höhe von 34.280 DM nicht ausgeglichen werden können. Für den insgesamt maßgeblichen Prognosezeitraum von 30 Jahren verbleiben danach Gesamtverluste von mehr als 165.000 DM. Dabei ist anzumerken, dass die von den Kl. angenommene positive Entwicklung eher allgemeinen Erfahrungswerten widerspricht und daher die Zahlen nach unten korrigiert werden müssten.
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Von einer bestehenden Ãœberschusserzielungsabsicht seitens der Kl. kann bei diesen Zahlen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ausgegangen werden.
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Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.