Werbungskostenüberschüsse Finanzgericht Münster, 6 K 6518/0

Neue Urteile und Rechte

Werbungskostenüberschüsse Finanzgericht Münster, 6 K 6518/0

Beitragvon Klaus am Fr 24. Okt 2008, 09:56

Finanzgericht Münster, 6 K 6518/02 E
Datum: 08.11.2005
Gericht: Finanzgericht Münster
Spruchkörper: 8. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 6 K 6518/02 E
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

G r ü n d e :
1

Streitig ist die Berücksichtigung von Werbungskostenüberschüssen aus der Vermietung und Verpachtung einer Ferienwohnung in E.
2

Die Kläger sind verheiratet und wurden in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In ihrer Einkommensteuererklärung 1999 erklärten sie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und Verluste bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Der Kläger war als Filialleiter und Direktor einer Sparkasse angestellt, die Klägerin als kaufmännische Angestellte tätig. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erklärten sie aus der Ferienwohnung E Mieteinnahmen in Höhe von 3.478,- DM, Umsatzsteuererstattungen in Höhe von 1.070,- DM und Werbungskosten in Höhe von 16.742,- DM, mithin einen Werbungskostenüberschuss in Höhe von 12.194,- DM. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage V und die dazu eingereichten Unterlagen in den Verwaltungsvorgängen des Beklagten verwiesen, die beigezogen wurden.
3

Mit Einkommensteuerbescheid vom 30. August 2000 setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf 47.088,- DM fest. Dabei berücksichtigte er bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zunächst einen Verlust in Höhe von 11.092,- DM. Der Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und war teilweise vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 Abgabenordnung (AO). In den Erläuterungen zum Bescheid heißt es wörtlich: "Die Abschreibung für das vermietete Objekt in E beträgt ab 1998 noch 1,25 % der Bemessungsgrundlage = 1.103,- DM. Bitte reichen Sie innerhalb von 4 Wochen nach Erhalt dieses Bescheides eine Aufstellung über die Vermietungszeiträume und die darauf entfallenden Mietzahlungen ein (z. B.: vom 14.04.1999 bis 19.04.1999, Miete 200,- DM). Bitte geben Sie zudem an, durch wen die Vermietung erfolgte und ob die Wohnung auch von Ihnen selbst genutzt wurde."
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Mit Schreiben vom 29.September 2000 schlüsselten die Kläger die Mieteinnahmen auf und fügten Kopien der Kontoauszüge hinzu. Außerdem erklärten sie, dass die Wohnung von ihnen nicht zu Wohnzwecken genutzt werde. Sie hätten sich lediglich zur Reinigungs- und Kontrollzwecken in der Wohnung aufgehalten.
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Mit Änderungsbescheid vom 23.Oktober 2000 setzte der Beklagte die Einkommen-steuer 1999 endgültig auf 47.088,- DM fest. Der Bescheid war nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig, da bei den Verlusten aus Vermietung und Verpachtung zur Zeit die Einkunftserzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden könne.
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In ihrer Einkommensteuererklärung 2000 erklärten die Kläger u.a. einen Werbungskostenüberschuss in Höhe von 10.286,- DM. Auf die Anlage V und die entsprechenden Anlagen im Rahmen der Einkommensteuererklärung wird verwiesen.
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Mit Verfügung vom 9. August 2001 teilte der Beklagte den Klägern mit, dass in den Jahren 1986 bis 1999 ausschließlich Verluste aus der Vermietung und Verpachtung der Ferienwohnung in E geltend gemacht worden sei. Der bisher entstandene Totalverlust belaufe sich inzwischen auf 217.483,- DM. Der Beklagte übersandte eine entsprechende Anfrage zur Prüfung der Frage, ob es sich um Liebhaberei handele. Wegen der Einzelheiten wird auf die Verfügung des Beklagten vom 9. August 2001 verwiesen.
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Mit Schreiben vom 13. September 2001 teilten die Kläger mit, dass sie sich bei Erwerb des Objektes Hochrechnungen und Mietprognosen von der Firma F habe zukommen lassen. Eine eigene Marktuntersuchung mit Erarbeitung einer Gewinnprognose hätten sie für ihr Objekt nicht erstellen lassen. Durch die schlechte Vermietbarkeit, wie sie sich in den folgenden Jahren gezeigt habe, hätten sich früh höhere Verluste errechnet, als vorauskalkuliert worden sein. Diese seien nicht zuletzt aufgrund des witterungsbedingten Ausbleibens von Gästen entstanden. Es habe im Winter keinen Schnee mehr gegeben und die Sommer seien kühl und nass gewesen. Nur über Silvester, Karneval und unter Umständen auch Ostern sei die Wohnung mehrfach vermietbar gewesen. Die Kläger fügten einen Zeitungsartikel aus der WN vom Juni des Jahres 2001 bei, in dem die Situation des Sauerlandes geschildert wurde. Durch die Möglichkeit der Dauervermietung an einen holländischen Reiseveranstalter - im Sommer in den ersten Jahren 5 Monate, später nur noch 4 Monate (Kürzung auch aufgrund der schlechten Vermietbarkeit) - hätten sie die Verluste trotz der sehr schlechten Kondition (Miete in Höhe von Brutto 23,- DM für die Nacht) noch erheblich drücken können. Die Kläger teilten mit, dass sie ernsthaft erwägten, dass Objekt zu veräußern, wenn sich die Vermietbarkeit nicht verbessere. Sie hätten in 1998 eine langfristige Kostenreduzierung herbeigeführt, indem sie aufgrund der äußerst günstigen Kapitalmarktlage ein langfristiges Darlehen mit einer 10-jährigen Zinsbindung abgeschlossen hätten. Bei einer vorzeitigen Auflösung würde die Sparkasse eine nicht unerhebliche Vorfälligkeitsentschädigung in Rechnung stellen. Eine Kalkulationsvorausberechnung könnten sie nicht einreichen, weil sie unter den gegebenen, augenblicklichen Voraussetzungen beim besten Willen keine Möglichkeiten sähen, in die Gewinnzone zu gelangen bzw. sogar einen Totalgewinn zu erzielen. Die Kläger teilten mit, dass sie in regelmäßigen Abständen eines Jahres in verschiedenen Zeitungen annoncierten. Des weiteren seien sie mit ihrer Wohnung im Unterkunftsverzeichnis des Verkehrsvereins E e.V. ständig vertreten. Ihre Betreuerin vor Ort, Frau G, biete die Wohnung immer mit an und vermiete sie auch. Leider aber verständlicher Weise nur dann, wenn sie ihre eigene Pension belegt habe. Auch mit ständiger Werbung im Verwandten- und Bekanntenkreis hätten sie in den vergangenen Jahren einige Ergebnisse erzielt. In 1997 seien in Eigenregie das Schlafzimmer und in 1998 die übrigen Räume renoviert worden. Schließlich sei in 1999 eine kleine Kompaktstereoanlage mit CD-Player auf Wunsch der Gäste angeschafft worden. Die Wohnung habe eine Größe von 40,95 m². 1985 hätten sie hierfür einen Preis von 2.745,- DM pro m² inklusive Mehrwertsteuer = 112.400,- DM gezahlt. Der augenblickliche Marktpreis liege um die 2.000,- DM. Finanziert sei das Objekt zunächst mit einem langfristigen Darlehen über 125.000,- DM und einem kurzfristigen Darlehen über 15.000,- DM. Das kurzfristige Darlehen sei bereits Mitte 1986 in einer Summe getilgt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben der Kläger vom 13. September 2001 verwiesen.
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Mit Bescheid vom 7. November 2001 wurde die Einkommensteuer 2000 auf 13.862,- DM festgesetzt. Dabei berücksichtigte der Beklagte bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung keinen Verlust mehr. Mit Änderungsbescheid vom 7. November 2001 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 1999 auf 51.856,- DM herauf und berücksichtigte dabei ebenfalls keinen Verlust bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung mehr.
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Die Kläger haben mit Schreiben vom 23. November 2001 Einspruch gegen diese Steuerfestsetzungen eingelegt. Zur Begründung haben sie ausgeführt, dass sie von Anfang an die Absicht gehabt hätten, Überschüsse zu erzielen. Bei der Vorkalkulation hätten sie sich dabei auf die Hochrechnungen und Mietprognose der Firma F verlassen. Dabei sei ein Mietpreis in Höhe von 35,- bis 70,- DM zugrunde gelegt worden. Diesen Mietzins hätten sie sich seinerzeit auch vom Vorsitzenden des Verkehrsvereins Herrn H bestätigen lassen.
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Bei einer monatlichen Belastung von 646,- DM für Tilgung und Zins bedeute dies, dass eine Auslastung von weniger als 50 % bei einer Durchschnittsmiete von 50,- DM pro Tag ausgereicht hätte, um das Darlehen zurückzuzahlen. Es hätten dem Kauf somit rentable Mieterwartungen zugrunde gelegen. Die Kläger sind der Ansicht, dass bei einer Grundstücksvermietung der Beweis des ersten Anscheines für das Vorliegen einer Einkunftserzielungsabsicht spreche. Dieser Anschein werde nur entkräftet, wenn aufgrund objektiver Beweiszeichen von einem Fehlen der Einkunftserzielungsabsicht ausgegangen werden könne. Derartige Ausnahmetatbestände lägen vorliegend aber nicht vor. Allein längere Verlustperioden reichten noch nicht als Beweiszeichen zur Verneinung der Überschusserzielungsabsicht aus. Dies sei schon im Hinblick darauf, dass für die Dauer der voraussichtlichen Vermögensnutzung bei Gebäuden grundsätzlich von einer tatsächlichen Nutzungsdauer von 100 Jahren auszugehen sei. Entgegen der Auffassung in der Anlage zu den Einkommensteuerbescheiden 1999 und 2000 könne nicht von einem Prognosezeitraum von 20 Jahren ausgegangen werden. Die Kläger seien erst seit 15 Jahren Eigentümer des Hauses. Somit stehe noch ein hinreichend langer Zeitraum zur Verfügung, um die Verluste wieder auszugleichen. Eine Verbesserung der Situation sei auch realistisch aufgrund von Investitionen von Region und Land in die Infrastruktur des Gebietes. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsbegründung der Kläger vom 7. Dezember 2001 verwiesen.
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Der Beklagte hat mit Einspruchsentscheidung vom 7. November 2002 die Einsprüche 1999 und 2000 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass bei den Klägern nicht mehr von einer Überschusserzielungsabsicht ausgegangen werden könne. Nach der Rechtssprechung des Bundesfinanzhofs sei bei Ferienwohnungen als Prognosezeitraum ein Zeitraum von 30 Jahren zugrunde zu legen. Die Kläger seien selbst der Auffassung, dass ein Totalüberschuss nicht zu erzielen sei. Trotzdem veräußerten sie die Wohnung zur Zeit nicht, um auf der privaten Vermögensebene keinen Verlust zu erleiden. Es lägen somit private, außersteuerliche Überlegungen vor, die gegen die Einkunftserzielungsabsicht der Kläger sprächen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 7. November 2002 verwiesen, die sich in den beigezogenen Verwaltungsvorgängen befindet.
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Mit ihrer am 9. Dezember 2002 bei Gericht eingegangen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Sie sind der Auffassung, dass bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen sei, dass die Steuerpflichtigen beabsichtigten, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, selbst wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergäben. Dieser Grundsatz, dass bei Dauervermietung stets die Einnahmeüberschussabsicht vorliege, sei auch auf Ferienwohnungen zu übertragen, die dauerhaft Gästen zur Vermietung angeboten würden. Die Kläger hätten stets die Wohnung zur Vermietung angeboten bzw. diese an Dritte zur Untervermietung vermietet. Allein aus diesen Umständen ergebe sich, dass die Kläger eine Überschussabsicht gehabt hätten. Eine nähere Überprüfung der Einnahmeerzielungsabsicht sei nur dann angezeigt, wenn die Eigentümer die Wohnung teils fremd vermieteten, teils jedoch selbst nutzten. Eine Selbstnutzung liege jedoch dann nicht vor, wenn die Ferienwohnung von den Eigentümern nur kurzfristig anlässlich eines Mietwechsels (z.B. Entreinigung, Schlüsselübergabe) oder zur Erhaltung der Mietsache (z.B. Beseitigung von Schäden) benutzt werde. Gleiches gelte auch für die Durchführung von Schönheitsreparaturen. Nach diesen Grundsätzen hätten die Kläger die Wohnung nicht selbst bewohnt. Die Kläger hätten auch entgegen ihrer ursprünglichen Mitteilung nunmehr keinesfalls die Absicht, die Wohnung zu veräußern. Es gebe berechtigten Anlass zu der Erwartung, dass nunmehr die Einnahmen steigen und die Werbungskosten sinken würden. Durch den guten Winter mit viel Schnee und kalten Temperaturen habe in der vergangenen Skisaison die Vermietung bereits gesteigert werden können. Dieser Trend werde sich zukünftig wohl noch verstärken, da nunmehr durch die Installation von Schneekanonen die Attraktivität des Sauerlandes und insbesondere des Feriengebietes um E gesteigert worden sei. Die Kläger verweisen insoweit auf Zeitartikel der Westfälischen Nachrichten vom 27. und 30. November 2002. Darüber hinaus sei aber auch in den Frühjahrs-, Sommer- und Herbstmonaten mit mehr Gästen zu rechnen. In E sei nunmehr ein sogenannter "Heilstollen" eröffnet worden. Dieser ziehe von Jahr zu Jahr mehr Touristen an. Da dieser Heilstollen in der Nähe der Ferienwohnung der Kläger liege, sei davon auszugehen, dass auch diesbezüglich mehr Gäste in die Ferienwohnung der Kläger kämen. Die Kläger verweisen insoweit auf die Internetseiten zum Heilstollen.
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Die Kläger beantragen,
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die Einkommensteuerbescheide vom 7. November 2002 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für 1999 ein negativer Überschuss in Höhe von 12.194,- DM und für 2000 in Höhe von 10.286,- DM berücksichtigt wird.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung nimmt er Bezug auf seine Einspruchsentscheidung vom 7. November 2002.
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Der Senat hat am 8. November 2005 in der Sache mündlich verhandelt; auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
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Die Klage ist unbegründet.
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Der Beklagte hat zur Recht die Werbungskostenüberschüsse bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht berücksichtigt.
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1.
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Nach der Rechtsprechung des IX Senates des BFH (s. zuletzt BFH Urteile vom 19. April 2005 IX R 15/04 BFHE 210, 124, BStBl. II 2005, 754 und IX R 10/04 BFHE 210, 20, BStBl II 2005, 692) ist nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (ständige Rechtsprechung des BFH, grundlegend Urteil vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771; gleicher Ansicht das Bundesministerium der Finanzen --BMF--, Schreiben vom 8. Oktober 2004, BStBl I 2004, 933). Ausnahmen von diesem Grundsatz sollen nur gelten, wenn besondere Umstände gegen das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht sprechen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 30. September 1997 IX R 80/94 a. a. O unter 2. d; BFH-Urteile vom 6. November 2001 IX R 97/00, BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726 --Ferienwohnung--; vom 5. November 2002 IX R 48/01, BFHE 201, 46, BStBl II 2003, 646 --verbilligte Vermietung--; vom 9. Juli 2002 IX R 57/00, BFHE 199, 422, BStBl II 2003, 695; vom 9. Juli 2002 IX R 47/99, BFHE 199, 417, BStBl II 2003,
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580 --befristete Vermietungstätigkeit--; vom 6. Oktober 2004 IX R 30/03, BFHE 208, 142, BStBl II 2005, 386 --aufwendig gestaltetes Wohngebäude--).
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Die Grundsätze der vorgenannten Urteile sind nach der weiteren Rechtsprechung des IX Senates des BFH auch bei Ferienwohnungen anzuwenden, wenn diese von den Steuerpflichtigen ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten werden (z.B. BFH-Urteil vom 21. November 2000 IX R 37/98, BFHE 193, 479, BStBl II 2001, 705, m.w.N.). Dies gilt ―wie der BFH in seinem Urteil vom 6. November 2001 IX R 97/00 a.a.O. unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden hat― unabhängig davon, ob die Steuerpflichtigen die Ferienwohnung in Eigenregie oder durch Einschalten eines Dritten vermieten. Aus dem Urteil ergibt sich auch, dass durch die Vermietung veranlasste, kurzfristige Aufenthalte keine Selbstnutzung sind.
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Um einen gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechenden besonderen Umstand soll es sich nach der oben aufgeführten Rechtsprechung auch dann nicht handeln, wenn die von den Klägern gewählte Finanzierungsart ersichtlich in den Streitjahren durch ein krasses Missverhältnis der Mieteinnahmen im Verhältnis zu den Schuldzinsen geprägt ist.
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Dabei soll es nicht darauf ankommen, ob die Kläger mit ihrer auf Dauer angelegten Fremdvermietung tatsächlich einen Totalüberschuss erzielen konnten. Es sei für die in § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG angelegte typisierende Annahme der Einkünfteerzielungsabsicht gerade kennzeichnend, auf den typischen, statt auf den verwirklichten Geschehensablauf abzustellen (s. BFH-Urteile vom 19. April 2005 IX R 15/04 und IX R 10/04 mit Hinweisen auf K. Ebling in Kirchhof/Jakob/ Beermann (Hrsg.), Festschrift für K. Offerhaus, 1999, 578; vgl. auch Osterloh, Gesetzesbindung und Typisierungsspielräume bei der Anwendung der Steuergesetze, 1992, 73 ff.). Eine Prognose zur Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht darf nach dieser Rechtsprechung nicht mehr angestellt werden.
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Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben des IX Senats des BFH wären die von den Klägern geltend gemachten Verluste steuerlich zu berücksichtigen, da die Kläger nach eigenem, unbestrittenen, Vortrag die Wohnung ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit diese dafür bereitgestellt haben.
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2.
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Der erkennende Senat kann sich nicht der Auffassung anschließen, dass bei einer auf Dauer angelegten Fremdvermietung bzw. einer ausschließlichen Fremdvermietung einer Ferienwohnung auch dann grundsätzlich und typisierend davon auszugehen ist, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, wenn die Mieteinnahmen in einem krassen Missverhältnis zu den Schuldzinsen stehen bzw. absehbar ist, dass ein Totalüberschuss nicht erwirtschaftet werden kann.
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Zum einen ist dem maßgeblichen Gesetzeswortlaut der §§ 21, 2 Abs. 1 Nr. 6 EStG nicht zu entnehmen, dass bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung grundsätzlich und typisierend von einer Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen sei, wenn eine ausschließliche Fremdvermietung vorliegt. Aus dem Gesetz ergibt sich auch nicht, dass in bestimmten Fällen eine Prognose zur Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verboten ist. Dieses Verbot ist auch nicht systemgerecht, da es die Vermietungseinkünfte im Verhältnis zu anderen Einkünften einseitig bevorteilt. Es verstieße gegen die Gebote der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, wenn es Besserverdienenden durch grundsätzliche Angabe des Merkmals
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Überschusserzielungsabsicht ermöglicht würde, weitgehende Steuerminderungen zu erhalten. Nach der Einkommensteuerstatistik aus 1998 war die Bemessungsgrundlage bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung per Saldo mit 16 Milliarden Euro negativ (siehe Einkommensteuerstatistik 1998 www.fm.rlp.de/wir-über-uns/Minister/Reden/PDF/050124-finanzgerichtstag-koeln.pdf). Die Auswirkungen sind somit erheblich.
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3.
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Die pauschalierende und typisierende Rechtsprechung des IX Senat des BFH steht auch im Widerspruch zur Rechtsprechung des Großen Senats des BFH. Der Große Senat des Bundesfinanzhofs -BFH- (BFH-Beschluss vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl. II 1984, 751) hat ausgeführt, dass bei der Ermittlung des Einkommens für die Einkommensteuer nur solche positiven oder negativen Einkünfte anzusetzen sind, die unter die Einkünfte des § 2 Abs. 3 Nrn.1 bis 7 EStG fallen. Kennzeichnend für diese Einkunftsarten sei, dass die ihnen zugrunde liegenden Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen auf eine größere Zahl von Jahren gesehen der Erzielung positiver Einkünfte oder Überschüsse dienen. Fehlt es an dieser Voraussetzung, so fallen die wirtschaftlichen Ergebnisse auch dann nicht unter eine Einkunftsart, wenn sie sich ihrer Art nach unter § 2 Abs. 3 EStG einordnen ließen. Verluste, die dem Steuerpflichtigen durch ein solches unter keine Einkunftsart fallendes Verhalten --auch als "Liebhaberei" bezeichnet-- entstünden, wirkten sich ebensowenig einkommensmindernd aus, wie etwaige Gewinne oder Überschüsse daraus das steuerpflichtige Einkommen erhöhten. Dies folge aus dem Zweck des EStG, Mittel für die öffentliche Hand zu beschaffen und dabei den Steuerpflichtigen entsprechend seiner Leistungsfähigkeit heranzuziehen. Dieser Zweck sei nur zu erreichen, wenn auf Dauer gesehen positive Einkünfte für die Besteuerung erfasst werden könnten. Dass Steuergesetze auch durch nicht an die Leistungsfähigkeit anknüpfende, finanzpolitische, volkswirtschaftliche, sozialpolitische, steuertechnische oder andere Erwägungen motiviert sein könnten (BVerfG-Beschluss vom 6. Dezember 1983 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325), stehe dem nicht entgegen. Auch solche Erwägungen seien letztlich von der Absicht auf Einnahmenerzielung durch die öffentliche Hand getragen.
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Dieser Beurteilung für den Bereich der Gewinneinkünfte (§ 2 Abs. 3 Nrn.1 bis 3 EStG) entspräche es, wenn die "neuere" Rechtsprechung des BFH bei Überschusseinkünften (§ 2 Abs. 3 Nrn.4 bis 7 EStG) eine einkommensteuerrechtlich relevante Betätigung oder Vermögensnutzung nur dann als gegeben ansehe, wenn die Absicht bestünde, auf Dauer gesehen nachhaltig Überschüsse zu erzielen (BFH-Urteile vom 21. Juli 1981 VIII R 154/76, BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37; vom 23. März 1982 VIII R 132/80, BFHE 135, 320, BStBl II 1982, 463, betr. Einkünfte aus Kapitalvermögen; vom 21. Oktober 1980 VIII R 81/79, BFHE 132, 518, BStBl II 1981, 452, betr. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung). Auch dabei werde nicht auf das Ergebnis der Vermögensnutzung eines oder weniger Jahre oder auf einen Vorteil durch Steuerminderung abgestellt, sondern auf das positive Gesamtergebnis der voraussichtlichen Vermögensnutzung, wobei allerdings steuerfreie Veräußerungsgewinne nicht in diese Betrachtung einzubeziehen seien (BFH-Urteil vom 23. März 1982 VIII R 132/80 a.a.O.). Unter Berücksichtigung dieser nach Auffassung des erkennenden Senats zutreffenden Vorgaben des Großen Senats des BFH muss es auch bei einer reinen Fremdvermietung einer Ferienwohnung erlaubt sein, eine Prognoseentscheidung anzustellen, wenn nach der gewählten Sachverhaltsgestaltung offensichtlich ein Totalüberschuss nicht zu erwirtschaften ist.
36

4.
37

Schließlich gibt es auch in der Literatur zahlreiche Stimmen, die eine unwiderlegbare Vermutung im Rahmen der Vermietungseinkünfte ablehnen. So fordert z. B. Fischer (Kommentar, Finanzrundschau 1999 S. 1377, 1379), dass es in jedem Vermietungsfall möglich sein muss, die vom Steuerpflichten behauptete Einkunftserzielungsabsicht zu widerlegen. § 21 EStG enthalte keine Fiktion, dass mit der Vermietung von Wohnungen im Regelfall nur langfristig Überschüsse erzielt werden können. Weber-Grellet (Vom normtypischen Verhalten zur normgerechten Tatbestandsprüfung - Anmerkung zu dem Beitrag von Heuermann, DB 2002, S. 2011 - DB 2002, 2568) hält die Unterstellung der Überschusserzielungsabsicht bei dauerhafter Vermietung für durch nichts gerechtfertigt. Er hält es für einfach und besser, wenn auch der IX Senat des BFH den allgemein geltenden zweigliedrigen Liebhabereibegriff wieder übernehme, der in allen Fällen eine Ergebnisprognose und die Prüfung der einkommen-steuerrechtlichen Relevanz der Tätigkeit umfasse. Paus (Liebhaberei bei verbilligter Wohnungsvermietung - Anmerkungen zu dem BFH-Urteil vom 05.11.2002 - IX R 48/01 in DStZ 2003 S. 189, S. 193) bezweifelt, ob der vom IX Senat des BFH aufgestellte Grundsatz, bei einer vollentgeltlichen Vermietung sei grundsätzlich eine Einkunftserzielungsabsicht zu vermuten, sachlich gerechtfertigt ist und ob der BFH berechtigt sei, entgegen der Lebenserfahrung derartige Vermutungen bzw. Unterstellungen in die Welt zu setzen. Ebenso hält Stein (Keine Liebhaberei bei Vermietung auf Dauer? – Gedanken zur Fiktion des Bundesfinanzhofs in seinem Grundsatzurteil vom 30.09.1997 – IX R 80/94 in DStZ 2004, 189, 195) die vom BFH aufgestellte Fiktion für ungerechtfertigt. Mit dem Verbot von Kontrollrechnungen (Prognose) habe der IX Senat einen Beurteilungsspielraum in Anspruch genommen, der mit dem Zweck des § 21 EStG als Fiskalzwecknorm nicht im Einklang stehe. Die Fiktion des IX Senats weiche nicht nur (formal) von den Grundsätzen ab, die der Große Senat des BFH aufgestellt habe. Auch in der Sache erweise sich die Annahme, Liebhaberei scheide bei Vermietung und Verpachtung im Regelfall aus, als nicht gerechtfertigt. Denn weder die Dauer der Vermietungstätigkeit noch der Normzweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG könne bewirken, dass im Bereich der Vermietung und Verpachtung das Merkmal der Einkunftserzielungsabsicht gegeben sei. Außerdem brächten die von der Folgerechtssprechung herausgearbeiteten Ausnahmen neue Abgrenzungsprobleme mit sich. Einfacher und besser sei es, wenn der IX Senat des BFH den allgemein geltenden zweigliedrigen Liebhabereibegriff wieder übernähme, der in allen Fällen eine Ergebnisprognose und die Prüfung der einkommensteuerrechtlichen Relevanz der Tätigkeit umfasse. Schell (Anmerkung in DStZ 2005, 202, 203) hinterfragt diese Rechtsprechung kritisch. Er ist der Auffassung, dass die Rechtsprechung nicht vermittels Unterstellung, respektive unwiderlegbare Vermutungen materiell typisieren dürfe. Dies sei, da es sich nicht um Sachverhaltsermittlung, sondern um eine Art Rechtsgestaltung mittels Fiktion handle, dem Gesetzgeber vorbehalten. Kulosa (in Hermann/Heuer/Raupach 219. Lieferung, Juli 2005, § 21 EStG Anmerkung 70) ist ebenfalls der Auffassung, dass die Rechtsprechung nicht befugt ist, unwiderlegliche Vermutungen aufzustellen. Dies sei allein dem Gesetzgeber vorbehalten. Der Bereich der Typisierung – die Gewiss eine Aufgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung darstelle – sei verlassen, wenn auch der atypische Fall "ohne Prüfung" zu beurteilen sei. Jedenfalls wenn Steuerpflichtige den Rahmen des wohnungswirtschaftlichen Üblichen verlassen würden, müsse es möglich sein, die Einkunftserzielungsabsicht zu verneinen.
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5.
39

Unter Berücksichtigung dieser Bedenken sieht sich der Senat veranlasst, die Einkunftserzielungsabsicht im Rahmen einer Prognoseentscheidung zu überprüfen. Unter Einbezug der in den Jahren 1986 bis 2000 aufgelaufenden steuerlichen Verluste in Höhe von insgesamt 227.769,- DM ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass eine Einkunftserzielungsabsicht deshalb nicht vorliegen kann, weil mit der Vermietung der Wohnung ein wirtschaftlicher Totalgewinn nicht zu erzielen ist. Die Kläger haben die Wohnung 1985 für 112.400,- DM erworben. Die Wohnung war im vollen Umfang fremdfinanziert. Nach eigenen Angaben haben die Kläger ein kurzfristiges Darlehen über 15.000,- DM und ein langfristiges Darlehen über 125.000,- DM aufgenommen. Das langfristige Darlehen valutierte zum 01.03.1996 in Höhe von 114.249,18 DM und zum 15.09.1998 in Höhe von 112.242,13 DM. Diese Stände ergeben sich aus den zur Gerichtsakte gereichten Kopien der Darlehensverträge. Nach einem von den Klägern zur Gerichtsakte gereichten Zins- und Tilgungsplan würde das Darlehen im Jahre 2025 vollständig abgelöst werden. Bis dahin würde ein weiterer Zinsaufwand in Höhe von ca. 83.000,- DM anfallen. Unter Berücksichtigung der bisher aufgefallenden steuerlichen Verluste und des noch zu erwartenden Zinsaufwandes müssten die Kläger bei Zugrundelegung einer 30-jährigen Nutzungsdauer (s. BFH-Urteil vom 22. Juli 2003 IX R 59/02, BFHE 202, 566, BStBl. II 2003, 806 m.w.N.) bis zum Jahr 2016 Mieteinnahmen von jährlich ca. 20.000,- DM haben. Dem liegt folgende Berechnung zugrunde:
40

Verlust 1986 bis 2000 227.769,00 DM
41

Zinsen ab 2001 bis 2016 ca. 83.000,00 DM
42

gesamt ca. 310.000,00 DM
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verteilt auf 16 Jahre jährlich 19.375,00 DM
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Tatsächlich beliefen sich die Einnahmen in den Jahren 1987 bis 2000 im Schnitt jährlich um 5.000,- DM. Aus den zur Gerichtsakte eingereichten Mieteinnahmen 2001 bis 2004 ergibt sich, dass die Mieteinnahmen eher rückläufig waren, weil der holländische Dauermieter ab 2002 weggefallen ist.
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Aus diesen Berechnungen wird deutlich, dass mit der Ferienwohnung der Kläger ein Totalgewinn nicht zu erwirtschaften ist.
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Der Senat ist weiter zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger die Wohnung nur aus privaten Interesse vorgehalten hat. Aus der Kombination der Mieteinnahmen und des jährlichen Steuervorteils ergab sich für die Kläger "betriebswirtschaftlich" gerechnet ein Gewinn. Ansonsten wäre auch nicht zu verstehen, dass der Kläger als Sparkassendirektor über Jahre hin so hohe steuerliche Verluste in Kauf nahm, ohne die Immobilie abzustoßen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.
Klaus
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